Am 21. Dezember 2023 ereignete sich ein Amoklauf in Prag. Wir waren vor Ort, als ein 24-jähriger Student auf einem Gebäude der Philosophischen Fakultät der Karls-Universität in der Prager Innenstadt 14 Menschen tötete und 25 weitere schwer verletzte. Zum Zeitpunkt der Schüsse befanden wir uns an der Karlsbrücke und genossen das legendäre Prager Eis Trdelnik.
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Während einer Grußnachricht wurden Schüsse auf die Straße und die dort befindlichen Personen abgegeben. Viele von uns flüchteten aus der gefährdeten Gegend, wobei noch nicht klar war, ob es sich um einen Einzeltäter handelte oder eine Gruppe von Terroristen involviert war. Die Karlsbrücke wurde während der Schießerei komplett geräumt. Erst viel später erhielten wir die Nachricht, dass die Gefahr für uns vorbei war.
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Als wir von der Brücke gingen, verharrten einige Passanten, knieten auf dem Boden und beteten. Ein äußerst ängstlicher Mensch betete zu Gott und zitterte am ganzen Leib. In Englisch sprach ich ihn an, um Hilfe anzubieten. Er antwortete, dass er Gott um Hilfe bitte. Ich legte beruhigend meine Hand auf seine Schulter und sagte, dass alles gut werden wird und Gott uns schützt. Wir gehörten zu den letzten Personen, die die Brücke verließen, da wir einerseits nicht gut zu Fuß waren und andererseits die genaue Lage noch nicht bekannt war.
Zwei Polizisten mit Maschinenpistolen geleiteten uns von der Brücke und sperrten sie dann ab. Rettungswagen und Sondereinsatzkommandos kamen von überall her. Die Szenerie war schrecklich, da wir uns immer noch in der Nähe der Karlsbrücke befanden. Der abgesperrte Bereich wurde immer größer, und ein Verkehrschaos sorgte dafür, dass die Straßenbahnen nicht mehr weiterfahren konnten. An einigen Stellen brachen Menschen zusammen, um die sich schnell Sanitäter kümmern konnten, da sie ebenfalls teilweise in den Straßen feststeckten.
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Auch nach über einer Stunde waren viele weinende Menschen in den Straßen, und immer mehr Rettungswagen kamen an. Als wir die Parallelbrücke erreichten, bot sich uns ein anderes Tschechien, ein ruhigeres und vergnüglicheres Prag. Ein Blick zum Himmel signalisierte, dass die blaue Stunde gekommen war, in der man besonders schöne Fotos machen kann. Zitternd versuchten wir, die Schönheit festzuhalten. Innerlich war ich traurig, denn wir hatten gehört, dass es wahrscheinlich einige Tote gab. Erst später erfuhren wir, dass wir uns mitten im schlimmsten Amoklauf befanden, den es je in Tschechien gegeben hatte.
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Bis zu meinem ersten Trdelnik war die Welt noch ok. Danach war für mich alles was sich wie ein Schuss anhört eine Belastung.
Die Schüsse in dem Video wurden von einem Balkon aus gefeuert.
Wir hatten Glück, den ursprünglich war geplant an der Rathausuhr vorbei zu gehen und dann Fotos von der Karlsbrücke zu machen. Ob man es glaubt oder halt nicht, wollte ich unbedingt Links gehen, dies auch ungewöhnlich bestimmend.
Am 21. Dezember 2023 um 12:20 Uhr alarmierte eine besorgte Mutter die Polizei, da sie Informationen darüber erhielt, dass ihr Sohn David Kozak eine Selbsttötung in Erwägung zog und auf dem Weg von seinem Heimatort Hostouň nach Prag war. Die Ermittlungen begannen um 12:45 Uhr, als die Polizei in der Wohnung des Vaters in Hostouň dessen leblosen Körper fand. Die Durchsuchung der Wohnung gestaltete sich schwierig, da improvisierte Sprengsätze den Zugang erschwerten, jedoch zum Glück nicht explodierten.
Es wurde festgestellt, dass Kozak Student der Philosophischen Fakultät war und an einer Vorlesung teilnehmen sollte, die um 14:00 Uhr beginnen sollte. Daraufhin initiierte die Polizei eine Sicherheitsoperation am Václav-Havel-Flughafen Prag, wo der Vater des Täters in der Sicherheitsabteilung arbeitete. Gleichzeitig begann um 14:00 Uhr die Evakuierung des Gebäudes der Philosophischen Fakultät in der Celetná-Straße, in dem der Amokläufer erwartet wurde. Die Evakuierung wurde um 14:22 Uhr abgeschlossen, doch der Täter wurde weder im Gebäude noch in dessen Nähe gefunden.
Während der Fahndung erhielt die Polizei um 14:59 Uhr die ersten Meldungen über eine Schießerei im Gebäude der Philosophischen Fakultät am Jan-Palach-Platz, nur wenige Minuten Fußweg vom evakuierten Gebäude entfernt. Der Täter eröffnete wahllos das Feuer in Fluren und Vorlesungsräumen, während sich Mitarbeiter und Studenten verzweifelt in Räumen verbarrikadierten. Einige wagten einen riskanten Sprung von den Außenvorsprüngen zu nahe gelegenen Gebäuden. Die Schüsse lösten eine Panik aus, selbst außerhalb des Gebäudes, und Menschen flohen von der Karlsbrücke.
Augenzeugen berichteten von einem Mann auf einem Balkon, der in Richtung der Mánes-Brücke über die Moldau schoss. Bei Ankunft der Polizei wurde das Gebiet um den Tatort großflächig abgesperrt. Um 15:20 Uhr fand die Polizei den Amokläufer tot auf, nachdem er Suizid begangen hatte. Die Durchsuchung des Jan-Palach-Platzes und eines Balkons nach Sprengstoff erfolgte im Anschluss. Die Karlsbrücke blieb für Stunden komplett gesperrt.
Insgesamt forderte der Angriff 14 Todesopfer an der Universität, darunter die Musikwissenschaftlerin Lenka Hlávková. Dreizehn Opfer verloren ihr Leben innerhalb des Gebäudes, während eine weitere Person im Krankenhaus ihren Verletzungen erlag. 25 Menschen wurden verletzt, davon zehn schwer. Unter den Verletzten befanden sich drei ausländische Staatsangehörige, ein Niederländer und zwei Bürger der Vereinigten Arabischen Emirate. Drei Personen wurden auf der Straße verletzt, als der Täter vom Dach aus das Feuer eröffnete und dabei auch ein Zivilfahrzeug sowie mehrere Polizeifahrzeuge traf.
Der Täter hatte seine Tat einige Tage zuvor auf Telegram angekündigt, inspiriert von der 14-jährigen Alina A., die am 9. Dezember in Brjansk, Russland, an einer Schule zwei Schüler erschoss und mehrere weitere schwer verletzte. Die Waffen befanden sich legal in seinem Besitz.
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